Radler im Sperrkreis verzögert Unterwasser-Sprengung in Schwedter Querfahrt um eine halbe Stunde
Die Kormorane hatten eine bombensicheren Platz. Die schwarzen Vögel ließen sich nicht aufschrecken, als die Wassermassen nach oben peitschten. Die Schleusenbrücke schwankte und die Erde bebte, als Sprengmeister André Vogel vom Kampfmittelbergungsdienst Brandenburg gegen elf Uhr den Hebel seiner elektrischen Zündmaschine nach unten drückte. Unmittelbar weitergeleitet wird der Impuls für die Sprengung über eine Zündleitung, die mehrere hundert Meter lang ist. Die orangefarbenen Kabel führen über ein so genanntes Ponton, eine schwimmende Boje, die mitten in der Querfahrt treibt, und die Zündmaschine direkt mit dem Zünder im Wasser verbindet.
Die Sprengladung platzierte Taucher Thomas Borchert bereits gegen zehn Uhr dreieinhalb Meter unter der Wasseroberfläche. Aufregung gehört für ihn dazu. Ein bestimmtes Ritual vor dem Tauchgang hat er aber nicht: “Ich muss zur Ruhe kommen und konzentriert handeln”, sagt der Experte. An wie vielen Bombensprengungen er schon beteiligt war, kann er nicht exakt sagen: “Vermutlich über hundert”, schätzt der Truppführer in der Kampfmittelbergung. Obwohl die Sicht unter Wasser gerade einmal zehn Zentimeter weit reicht, verläuft seine Arbeit auch dieses Mal reibungslos. Nur ein Radfahrer, der die Absperrungen vom Ordnungsamt ignoriert und über den Deich radelt, verzögert die anschließende Detonation um eine halbe Stunde.
Unterstützt wird Thomas Borchert von Signalmann Marcel Caspari und Rettungstaucher Andreas Behlick, der das Geschoss in dem Fluss entdeckt hat. Die Männer arbeiten für die Schollenberger Kampfmittelbergung. Die Firma sucht derzeit im Auftrag vom Wasser- und Schifffahrtsamt Eberswalde den Gewässergrund nach Munition ab. Die Schwedter Querfahrt soll für anstehende Nassbaggerarbeiten freigegeben werden. Momentan beeinträchtigt die versandete Fahrrinne den Schiffsverkehr.
Andreas Behlick, Feuerwerker, kann das Risiko zwar nicht genau einschätzen: “Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Bombe bei den Baggerarbeiten hochgegangen wäre.” Als er in Taucherausrüstung mit Videokamera über den Grund gelaufen ist, hat er den Sprengkörper entdeckt. Filmen konnte er das Geschoss aber nicht: “Eine Schlammwolke verdeckte plötzlich die Sicht”, erklärt der Taucher, der oft mit seinen Händen sehen muss. Auch diesmal ertastete er die Bombe, die zur Hälfte aus dem Boden ragte.
Bei der Munition handelt es sich um eine Sprengbombe vom Typ FAB-100 sowjetischer Herkunft. Vermutlich fiel das Geschoss in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges zwischen 15. und 27. April 1945. Solange dauerten die Kämpfe um Schwedt. Nun ist es Zeit für die Räumung dieser historischen Relikte.